Pensionskasse erklärt: Sprichst du «BVG»?
Altersguthaben, Umwandlungssatz, Obligatorium, Eintrittsschwelle… Schon seit Längerem sind die Medien im Hinblick auf die kommende Abstimmung über die Reform der beruflichen Vorsorge voll mit „Pensionskassenchinesisch“. Falls es auch für dich kompliziert und etwas verwirrend klingt, bist du damit nicht allein. Die letztens publizierte Fairplay-Studie von SOTOMO zeigt, dass nur etwa die Hälfte der Schweizerinnen und Schweizer ihr Pensionskassenguthaben zum eigenen Vermögen zählt, obwohl es für viele den grössten Teil ihres Ersparten ausmacht.
Zudem herrscht grosse Verwirrung hinsichtlich der verschiedenen Fachbegriffe. Gemäss der Studie kennen weniger als die Hälfte der Befragten den Unterschied zwischen obligatorischen und überobligatorischen Beiträgen an die Pensionskasse, und 44 % sind unsicher, ob ihr eigenes Altersguthaben überobligatorische Anteile enthält. Was den Umwandlungssatz betrifft, wissen zwei Drittel der Befragten nicht genau, was dieser bedeutet, und 56 % kennen ihren persönlichen Umwandlungssatz gar nicht. Damit du für die kommende Abstimmung bestens vorbereitet bist, habe ich hier die wichtigsten Begriffe von A-Z zusammengestellt.
Das 1x1 der wichtigsten Begriffe, die du kennen solltest
Altersguthaben
Der Betrag, der während deines Arbeitslebens durch Beiträge angespart wird. Dein Altersguthaben setzt sich aus den monatlich direkt von deinem Lohn abgezogenen Beiträgen, den Beiträgen deines Arbeitgebers sowie den Zinsen zusammen, die auf das angesammelte Kapital anfallen. Bei deiner Pensionierung wird dein angespartes Altersguthaben entweder als monatliche Rente, die mit dem sogenannten Umwandlungssatz berechnet wird, oder als einmalige Kapitalabfindung ausbezahlt.
Beiträge von Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Um dein Altersguthaben aufzubauen, zahlen sowohl du als auch dein Arbeitgeber in deine Pensionskasse ein. Grundsätzlich beginnt man ab dem 1. Januar nach Vollendung des 17. Altersjahres mit Einzahlungen in die Pensionskasse (2. Säule), wobei zunächst nur Beiträge für die Risiken Tod und Invalidität geleistet werden. Ab dem 1. Januar nach Vollendung des 24. Altersjahres werden auch Beiträge für die Altersvorsorge fällig.
Verdienst du einen Mindestjahreslohn von 22'050 Franken (Eintrittsschwelle), sind du und dein Arbeitgeber verpflichtet, in die Pensionskasse einzuzahlen. In der Regel tragen beide Parteien jeweils 50 % der Beiträge bei. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, mindestens die Hälfte zu zahlen, kann sich jedoch auch entscheiden, mehr als 50 % der Beiträge zu übernehmen. Dein Anteil wird dir monatlich direkt vom Bruttolohn abgezogen und vom Arbeitgeber in die Pensionskasse einbezahlt.
Die Höhe der Altersgutschrift hängt von deinem Alter und der Ausgestaltung der beruflichen Vorsorge ab. Es gibt gesetzlich vorgeschriebene Mindestsätze, die mit dem Alter ansteigen. Zum Beispiel zahlen 25- bis 34-Jährige 7 % ihres koordinierten Lohns in die Pensionskasse ein, 35- bis 44-Jährige 10 %, 45- bis 54-Jährige 15 % und ab 55 bis 65 Jahre 18 %.
Mit der Annahme der Reform würde sich dies ändern: Sie sieht vor, den Beitragssatz für die Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen zu erhöhen und die Sätze für die älteren Altersgruppen zu senken, um den Unterschied zwischen den Beiträgen für ältere und jüngere Personen zu verringern und so einer möglichen Benachteiligung älteren Personen auf dem Arbeitsmarkt entgegenzuwirken
Eintrittsschwelle
Um in der Pensionskasse versichert zu sein, musst du die sogenannte Eintrittsschwelle erreichen, das heisst, du musst bei einem Arbeitgeber mindestens 22'050 Franken pro Jahr verdienen. Personen, die mehrere kleinere Pensen bei verschiedenen Arbeitgebern haben, erreichen diese Eintrittsschwelle oft nicht und sind somit nicht in der zweiten Säule versichert.
Mit der Reform soll die Eintrittsschwelle von 22'050 Franken auf 19'845 Franken gesenkt werden. Schätzungen zufolge könnten dadurch etwa 70'000 Personen mehr versichert werden.
Koordinierter Lohn
Der koordinierte Lohn bezeichnet den Teil deines Jahreslohns, der in der Pensionskasse versichert ist. Er wird berechnet, indem von deinem AHV-pflichtigen Bruttolohn ein sogenannter Koordinationsabzug abgezogen wird. Der verbleibende Betrag, der koordinierte Lohn, ist dann der versicherte Lohn in der Pensionskasse.
Bruttolohn minus Koordinationsabzug = koordinierter Lohn
Erreicht der so berechnete versicherte Lohn den Betrag von CHF 3675.– nicht, so wird er auf diesen Betrag aufgerundet. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der AHV-Jahreslohn geringer ist als der Koordinationsabzug.
Mit der Reform soll der Koordinationsabzug neu geregelt werden. Anstelle des heutigen fixen Betrags von 25'725 Franken würde ein prozentualer Ansatz von 20 % des Bruttolohns gelten. Dies würde zu entsprechenden Anpassungen bei der Berechnung deines koordinierten Lohns führen
Koordinationsabzug
Da Leistungen, die bereits durch die AHV abgedeckt sind, nicht zusätzlich durch die Pensionskasse versichert werden sollen, wird bei der Berechnung deines koordinierten Lohns in der Pensionskasse ein fixer Betrag abgezogen. Dieser Betrag ist der sogenannte Koordinationsabzug. Er dient dazu, den Lohnanteil abzuziehen, der bereits durch die erste Säule (AHV/IV) gedeckt ist, um eine doppelte Versicherung dieses Teils zu vermeiden.
Bisher beträgt der Koordinationsabzug 25'725 Franken. Diese Summe wird unabhängig von deiner Anstellungsart (Vollzeit oder Teilzeit) vom Lohn abgezogen. Wer also 60'000 Franken verdient, hat 34'275 Franken seines Lohnes in der Pensionskasse versichert. Fortschrittliche Pensionskassen und Arbeitgeber haben heute bereits teilzeitarbeitfreundliche Regelungen eingeführt, bei denen der Koordinationsabzug proportional zum Arbeitspensum berechnet wird oder sogar ganz entfällt.
Die BVG-Reform sieht vor, den Koordinationsabzug umzugestalten. Neu soll er nicht mehr als fixer Betrag, sondern als 20 % des Bruttolohns berechnet werden. Dies kann zu einer Erhöhung deines versicherten Lohnes führen für die du entsprechend mehr Beiträge bezahlen wirst
Obligatorium
Das BVG-Obligatorium stellt sicher, dass eine Grundabsicherung im Alter, bei Invalidität oder im Todesfall besteht, die über die AHV hinausgeht. Im sogenannten obligatorischen Teil deiner Pensionskasse sind gemäss der heutigen Gesetzgebung Löhne ab 22'050 Franken bis 88‘200 Franken versichert. Für diesen Anteil der Pensionskasse schreibt der Gesetzgeber die Mindestzinssätze (gegenwärtig 1.25%) und Umwandlungssätze (gegenwärtig 6.8%) vor.
Überobligatorium
Im überobligatorischen Teil sind deine überobligatorischen Beiträge versichert. Die Pensionskassen haben hier viel grössere Augestaltungsmöglichkeiten in Bezug auf die Verzinsung und den Umwandlungssatz.
Du leistest überobligatorische Beiträge z.B. wenn du:
- Beiträge für ein tieferes Einkommen als 22'050 oder ein höheres Einkommen als 88'200 Jahreslohn einzahlst
- Beiträge auf dein gesamtes Einkommen zahlst (ohne Koordinationsabzug)
- Mehr als die obligatorischen Beiträge einzahlst (z.B. zusätzlicher Einkauf)
- Bereits unter der Altersgrenze von 25 Jahren Beiträge in die Altersvorsorge geleistet hast
Gemäss der Studie von SOTOMO besitzen 85 Prozent der Pensionskassenversicherten bei ihrer Pensionierung überobligatorische Anteile
Umwandlungssatz
Der Umwandlungssatz ist ein Prozentsatz, mit dem dein angespartes Altersguthaben in eine jährliche Altersrente umgerechnet wird, sofern du dein Altersguthaben nicht als Kapital beziehst. Hast du zum Zeitpunkt deiner Pensionierung beispielsweise 200'000 Franken Alterskapital angespart und der Umwandlungssatz beträgt 5 %, dann würdest du 10'000 Franken pro Jahr an Rente erhalten. Die Pensionskassen wenden unterschiedliche Umwandlungssätze an: den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestsatz von derzeit 6,8 % auf den obligatorischen Teil und einen selbst bestimmten Umwandlungssatz auf den überobligatorischen Teil. Viele Pensionskassen wenden der Einfachheit halber einen sogenannten «umhüllenden Umwandlungssatz» auf das gesamte Kapital an. Dieser liegt gemäss der SOTOMO-Studie bei 5,2 %.
Mit der BVG-Reform soll der Mindestumwandlungssatz für den obligatorischen Teil von derzeit 6,8 % auf 6 % gesenkt werden. Bei der Ausgestaltung des Umwandlungssatzes im überobligatorischen Teil bleiben die Pensionskassen weiterhin frei
Zur BVG-Reform
Neben den Veränderungen bei der Eintrittsschwelle, dem Koordinationsabzug und der Senkung des Umwandlungssatzes im obligatorischen Teil sieht die Reform Ausgleichsmassnahmen für die Übergangsgeneration vor, die in den 15 Jahren nach dem Inkrafttreten der Reform pensioniert wird. Diese Ausgleichsmassnahmen erfolgen in Form eines Rentenzuschlags.
Wie die vorgeschlagene Reform deine spätere Rente betreffen wird, hängt von vielen individuellen Faktoren ab. Dazu zählen beispielsweise die Höhe deines Kapitals im Überobligatorium oder ob deine Pensionskasse bereits heute einen umhüllenden Umwandlungssatz anwendet. Pauschale Aussagen sind daher schwierig zu treffen. Was denkst du über die Reform und welche Auswirkungen könnte sie auf deine Vorsorge haben? Bin gespannt auf die Diskussion😉
Quelle: https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/sozialversicherungen/bv/grundlagen-und-gesetze/grundlagen/sinn-und-zweck.htm