Meine Jungs sind jetzt Teenager, da diskutieren wir nicht mehr so oft über Kinderbetreuung und Arbeitsmodelle. In dem Alter stehen eher Elektroscooter auf dem Programm (hat jemand einen Rat wie man Jugendliche dazu bringt, einen Helm zu tragen?). Mit geteilter Verantwortung, gegenseitigem Verständnis, Mut zu flexiblen Jobs und enorm viel Hilfe von den Grosseltern ging es bei uns früher aber immer ganz gut, Beruf und Familie irgendwie zu vereinbaren. Mein Mann und ich lieben unsere Kinder und unsere Berufe und keines von beiden war je ein Hindernis für das andere. Zugegeben, Perfektionisten sind wir auf keinen Fall und ja, unsere Jungs mussten schneller selbstständig werden als andere Kinder und haben sicherlich spätestens seit der Pandemie ein ganz anderes Verhältnis zu digitalen Geräten. Anders machen würde ich für mich selbst rückwirkend aber nichts.
Mich als Ökonomin haben die in den letzten Jahren zunehmenden Kinderkrippen-Diskussionen ziemlich in ihren Bann gezogen, weil mich wirtschaftliche Zusammenhänge und deren Auswirkungen auf uns alle immer von neuem begeistern. Selbstverständlich lässt sich das grossartige Abenteuer, eine Familie zu haben, nur bedingt und unvollständig in Zahlen ausdrücken und bei den Fakten sind die Freude, Liebe und Wärme nicht eingerechnet. Hier also einige Fakten und praktische Tipps, wie du mit Kind und Familie deine Finanzen optimieren kannst.

Wie ein Kind deine Finanzen beeinflusst
Gemäss Schätzungen des Zürcher Jugendamtes (2021) kostet ein Kind durchschnittlich ungefähr 1'525 Franken pro Monat. Hochgerechnet auf 18 Jahre sind dies ca. 330'000 Franken. Nicht eingerechnet sind in dieser Schätzung Kosten für Drittbetreuung, z.B. Kindertagesstätten und schulergänzenden Betreuungseinrichtungen. Diese belaufen sich gemäss dem Bundesamt für Statistik (BFS) pro Kind unter 13 Jahren auf 465 Franken pro Monat, im Durchschnitt gibt gemäss dem BFS ein Haushalt mit Kindern 619 Franken pro Monat für familienergänzende Kinderbetreuung aus. Ein Drittel der Haushalte mit zwei Kindern hat Mühe, finanziell über die Runden zu kommen. Die Situation ist noch schwieriger für Alleinerziehende: Bei mehr als der Hälfte der Eineltern-Haushalte reicht das Einkommen nur knapp aus, um über die Runden zu kommen.
Hier kommt die «Child-Penalty» ins Spiel
Die Child-Penalty oder Elternstrafe (schreckliches Wort!) beschreibt die Lohneinbusse, die Eltern nach der Geburt ihres ersten Kindes erleiden. Gemäss den Studien von Prof. Zweimüller beträgt die Einkommenseinbusse in der Schweiz für Mütter nach der Geburt des ersten Kindes ca. 60 %. Diese Einkommenseinbusse kann über 10 oder sogar 20 Jahre anhalten. Das Phänomen ist aber nicht nur für die Schweiz typisch, sondern ist ähnlich auch für Mütter z.B. aus Deutschland und Österreich und lässt sich vor allem durch ein reduziertes Arbeitspensum erklären.

Teilzeitpensa von Frauen überwiegen
Gemäss dem BFS (2022) arbeiten rund 10,1 % der Männer mit Partner/in und dem jüngsten Kind unter 25 Jahren Teilzeit, während dies bei Frauen bei rund 44,8 % der Fall ist. Kleinere Arbeitspensa führen nicht nur zu einem kleineren Lohn, sondern auch zu deutlich reduzierten Beiträgen in die AHV, Berufliche Vorsorge (BVG) und allenfalls der privaten Vorsorge. Dies ist vielleicht nicht sofort spürbar, wirkt sich aber langfristig empfindlich für das im Alter zur Verfügung stehende Geld aus. So sind Frauen in der Schweiz auch deutlich häufiger von Altersarmut betroffen als Männer.
Günstigere Kinderbetreuung als Lösung?
Günstigere externe Kinderbetreuung hilft sicherlich, die finanzielle Situation von Eltern zu verbessern, schafft aber nur bedingt Anreize, um die Arbeitsmodelle zu ändern und löst das langfristige finanzielle Problem nur bedingt.
Gemäss den Untersuchungen von Prof. Zweimüller arbeiten Mütter beispielsweise nicht immer direkt mehr, nur weil die Kinderbetreuung günstiger wird. Dies zeigt sich auch darin, dass in Ländern mit weitreichenden Vergünstigungen für externe Kinderbetreuung wie Österreich die Child Penalty nicht oder nicht signifikant sinkt. Einer der Hauptgründe dafür können kulturelle Normen oder persönliche Präferenzen sein, aber auch andere ökonomische Faktoren wie z.B. die Steuerbelastung.
Für eine weitreichende und langfristige Verbesserung der finanziellen Situation von Familien braucht es zusätzlich zu erschwinglicher Kinderbetreuung auch Reformen des Vorsorgesystems, familienfreundliche, flexible Arbeitsmodelle für beide Elternteile und die damit einhergehende kulturelle Akzeptanz und Reformen des Steuersystems. Bis es so weit ist, wird jedoch noch einige Zeit vergehen. Deshalb hier aber schon mal ein paar praktische Tipps für deine Finanzen, die du sofort umsetzen kannst, wenn du eine Familie planst oder bereits Kinder hast.

Drei Aspekte, die du bei den Familienfinanzen beachten solltest
Die Wichtigkeit eines Finanzplans
Mit Familienzuwachs verändert sich nicht nur das monatliche Budget, sondern oft auch die Lebensplanung und damit auch die langfristigen finanziellen Ziele. Vielleicht habt ihr vermehrt das Bedürfnis nach Sicherheit oder der Wunsch nach einem Eigenheim wird grösser? Mit den Veränderungen der beruflichen Situation verändert sich das Einkommen. Der Familienfinanzplan sollte idealerweise regeln, wer welche Erwartungen hat, wer wie arbeiten möchte, welches Betreuungsmodell für die Kinder gewählt wird und wie die Absicherung und Vorsorge der jeweiligen Partner bei z.B. Teilzeitarbeit aufgesetzt ist. Je nach Lebensmodell (verheiratet, Konkubinat, etc.) gibt es steuerliche Aspekte zu berücksichtigen. Neben der Finanzplanung für die Eltern sollte auch die langfristige Planung für die Zukunft der Kinder einfliessen.
Wie wird was aufgeteilt?
Welches das Work-Life-Finanz-optimale Teilzeitpensum ist, hängt von sehr vielen Faktoren ab, z.B. ob beide Partner reduzieren möchten, jemand ganz zu Hause bleibt, wie sich die veränderte Einkommenssituation auf die Steuern auswirkt, Kosten der Kinderbetreuung und weiteres. Eine Pauschalantwort, was finanzoptimal ist, gibt es nicht. Gemäss der 2023 publizierten «Teilzeitstudie» von SOTOMO würden Menschen in der Schweiz am liebsten 59 % arbeiten. Idealerweise berechnet man den finanz- und vorsorgeoptimalen Mix individuell. Alle, die es kurz überschlagen möchten, können auch diesen Teilzeitrechner ausprobieren.

Klärt eure Vorsorgen und sichert euch ab
Arbeitest du Teilzeit oder gar nicht, dann kann dies deine Vorsorge im Alter empfindlich treffen. Hier einige Punkte, auf die du achten solltest:
- AHV: Unbedingt prüfen, ob du eine Beitragslücke hast, und falls notwendig nachzahlen, damit du im Alter die volle AHV Rente bekommst.
- Pensionskasse: Deinen versicherten Lohn in der Pensionskasse im Pensionkassenauszug prüfen und mit dem Arbeitgeber schauen, ob der Koordinationsauszug bei Teilzeitarbeit reduziert oder sogar ganz weggelassen werden kann. Viele Pensionskassen bieten mittlerweile teilzeitfreundliche Lösungen an. Prüfe zudem, ob es Möglichkeiten gibt, deine Vorsorge anzupassen, z.B. mit einem Sparplan, Einkaufsmöglichkeiten oder erweiterter Absicherung.
- Privat vorsorgen: Eine Säule 3a kann nur haben, wer im Sinne der AHV erwerbstätig ist. Bleibt z.B. ein Partner ganz zu Hause, unbedingt Alternativen schaffen z.B. mit einem privaten Sparplan/Anlage.
- Versicherungssituation prüfen und wenn nötig z.B. Erwerbsausfallversicherung abschliessen.
Wie ihr seht, Finanzplanung für und mit Familie braucht ein bisschen Arbeit und Recherche, ist aber ungemein wichtig, damit du unangenehme Überraschungen in der Zukunft vermeiden kannst. Und wer weiss, was uns in Zukunft vielleicht für Reformen erwarten.